Inhaltsverzeichnis Erntefest Reiter Konfirmationen Krieger Schulkinder

Eine Geschichte aus Kołtki - Erinnerungen an Ryszczewko [1]
von P. C.

Mein Großvater arbeitete im Kriege auf einem Bauernhof in Groß Volz, und meine Großmutter auf einem Hof in der Nähe (ich weiß nicht genau, wo). Großmutter erzählte, dass es eine sehr schwierige Zeit für junge Polen war, da sie nicht in ihrer Muttersprache reden konnten und weit weg von ihrer Heimat waren. Aber sie sagte auch, dass die deutschen Bauern nicht schlecht zu ihnen waren. Sie arbeiten miteinander, manchmal aßen sie sogar zusammen. Mein Großvater aber hatte weniger Glück, sein Bauer war ein schrecklicher Mann.

Wie auch immer, die Polen hatten einen freien Sonntagabend, wo sie einander trafen; auf diese Weise lernten sich meine Großeltern kennen. Meine Großmutter erzählte mir eine kurze Episode von ihrer Arbeit. An einem Sonntagmorgen, als die Deutschen in der Kirche waren, nahm sie ein Fahrrad und begann, auf dem Hof umher zu fahren. Sie vergaß alles und als der deutschen Bauer mit seiner Familie wieder nach Hause kam, erschrak meine Großmutter und erwartete eine Strafe; aber die Bauer war nur sehr überrascht, daß sie Fahrrad fahren konnte, denn es war ihnen gesagt worden, dass Polen nicht so komplizierte Dinge tun könnten.

1945, als die sowjetische Armee nahte, flüchteten die deutschen Bauern zur Ostsee; meine Großmutter mußte mit. Aber bald verließ sie die Deutschen, um nach Hause zurückzukehren. Diese Reise aber ist eine andere Geschichte.

Großmutter erzählte mir, das sowjetische Volk sei schrecklich gewesen. Sie vergewaltigten die Frauen und stahlen alles, was ihnen wertvoll erschien. Auch sie wurde von einigen Russen erwischt, aber hatte Glück und rannte davon. Vorher hatte ein russischer Soldat ihre Arbeitskarte zerrissen, das einzige Dokument, das sie hatte. Als sie nach langer Zeit nach Radzymin[2] kam, war ihr Haus zerstört. Es gab nichts, was sie dazu gebracht hätte, dort zu bleiben. Sie fand dort aber meinen Großvater und sie beschlossen, nach Pommern zurückzukehren (sie wußten, dass es dort eine Chance für ehemalige Zwangsarbeiter gab, zu leben und von der Regierung ein Haus zu bekommen). Zuerst wollten sie sich in Groß Volz niederlassen, aber es war unmöglich und ihnen wurde angeboten, in Rzyszczewko zu leben. Und sie beschlossen, sich dort niederzulassen. Das erste Jahr war für sie sehr schwierig; zuallererst hat die polnische Kommission eine Menge Dinge aus dem Haus geholt: Landmaschinen, die meisten Möbel. Meine Großmutter hat das schon geahnt, also hat sie ein paar landwirtschaftliche Maschinen im Wald versteckt. (Diese Maschinen war bis Ende der 90er Jahre leistungsfähig, glauben Sie das?). Außerdem konnten sie für einige Jahre enorme Steuern oder dieses Haus bezahlen ....

1949 wurde mein Vater geboren, er hat sechs Schwestern und einen Bruder. Nur mein Vater verließ 1979 Pomorze; alle meine Tanten und Onkel aber leben in der Region. Mein Großvater starb 1998, im nächsten Jahr beschloss meine Großmutter, Rzyszczewko an einem Mann aus Warschau zu verkaufen. Jetzt lebt meine Großmutter mit meiner Tante in Miastko; sie ist sehr krank, aber sie gibt nicht auf...

Ich war sehr traurig, als Ryszczewko verkauft wurde, aber leider gab es damals keine andere Option. Aber ich habe viele wundervolle Erinnerungen, denn ich war in jeden Urlaub im Alter zwischen 4 und 18 Jahren dort - und vielleicht werde ich eines Tages dorthin zurückkehren, wer weiß?

    [1] Ristowkaten, nordöstlicher Abbau von Hölkewiese – Bewohner vor 1945: E. Drath und K. Knop
    [2] Radzymin ist eine Stadt in der Nähe von Warschau

nach oben zum Inhaltsverzeichnis